Dienstag, 6. Mai 2014

Stell dir vor, es ist WM und keiner fährt hin

Der Countdown läuft. Nur noch drei Tage bis zum Start der Eishockey-WM in Minsk. In Belarus ist es das Hauptthema aller Nachrichtensendungen. Die WM ist für die Regierung mehr als ein Sportereignis. Es ist ein Prestigeprojekt des Präsidenten Alexander Lukaschenko. Mit seinen 59 Jahren traut er sich regelmäßig auf die Schlittschuh. Als ich ihn bei einem Spiel in Minsk beobachtet habe, wurde mir klar: Lukaschenko ist nicht nur in der Politik ein schlechter Teamplayer.


Seinen Traum ließ er sich einiges kosten.

Montag, 3. März 2014

Leonid Lewin ist gestorben

Traurige Nachricht: Belarussischer Architekt Leonid Lewin, einer der Autoren der Gedenkstätte Chatyn, ist im Alter von 77 Jahren gestorben. Er hat die Erinnerung an die Opfer des Zweiten Weltkriegs zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Lewin erarbeitete den Entwurf für die Gedenkstätte im ehemaligen NS-Todeslager Trostenez bei Minsk. Es ist sehr schade, dass er die Grundsteinlegung für die Gedenkstätte am 8. Juni 2014 nicht miterleben wird.

Freitag, 28. Februar 2014

Урок истории

Рассказ бывшего узника минского гетто, 86-летнего Михаила Трейстера можно послушать здесь. Репортаж об уроке истории в школе немецкого города Керпена можно прочесть здесь. После рассказа школьники задали Михаилу Трейстеру ряд вопросов. Стенограмма:

- Каково Вам было, когда Вы видели, как люди мучились, страдали и умирали? 

- Восприятие этого облегчалось тем, что я так же мучился, страдал и умирал, как и они. Мне просто немного больше повезло. Но все это нелегко, конечно.

- Вы ненавидели немцев, когда они пришли в Минск? Как вы относитесь к ним теперь? 

Sonntag, 26. Januar 2014

Der 1. Charity Shop in Minsk: "Kali Laska" heißt "bitte"

Der erste belarussische Charity Shop ist nicht einfach zu finden. Er liegt mitten in der Stadt, ist aber wie fast alle interessanten Projekte in Belarus ziemlich gut in einem Hinter-hinter-hinter-Hof eines Instihuts, einer Autowäsche und einer Kantine versteckt. Soziales Engagement ist ein neuer Trend in Belarus. Für mich ist es ein Zeichen dafür, dass eine neue Generation herangewachsen ist, die sich auch für die Schwachen in der Gesellschaft engagiert. Ein gutes Zeichen.

Der Name des Shops "Kali Laska" bedeutet „bitte“ auf Belarussisch. Übrigens heißt der erste russische Charity Shop "Spasibo" (Danke). Er wurde vor drei Jahren in St. Petersburg eröffnet. Mittleirweile gibt es dutzende Wohltätigkeitsläden in vielen GUS-Republiken. Die Idee dahinter ist einfach: Menschen geben dort ihre alten Klamotten ab. Die besten Stücke werden aussortiert und im Shop verkauft. Die meisten Sachen werden an Kinderheime und Notunterkünfte gespendet.




Das Team von "Kali Laska" besteht aus vier Frauen. Eine davon ist Natalja. Sie arbeitet als Verkäuferin und Illustratorin/Gestalterin im Laden.

Freitag, 27. Dezember 2013

Unterwegs in Russland (4): Ein Tag am Baikalsee

Die schönsten Dinge im Leben sind spontan. So wie unser Ausflug zum Baikalsee. Als wir an einem Samstag im Oktober erfahren, dass die Baikal-Ringbahn entlang des Sees fährt, ist es bereits zu spät, sich dafür anzumelden. Aber es wäre doch so schade, die Möglichkeit zu verpassen, wo wir gerade in der Region sind und am nächsten Tag die nächste Fahrt mit der Ringbahn bevorsteht…

Also packen wir am Sonntagmorgen ein paar Kekse ein und machen uns auf den Weg zum Treffpunkt der Reisegruppe. Sie soll sich laut der Website um 8.15 Uhr vor einem Theater in Irkutsk versammeln. Die Menschen, die sich für den Ausflug angemeldet haben, sitzen bereits im Bus. Zum Glück gibt es ein paar freie Plätze und das Problem lässt sich auf eine unkomplizierte Art und Weise lösen. (Jeder, der schon mal in Russland war, weiß wie).

Der Bus fährt eine Stunde lang zum Hafen Listwjanka. Am Ufer stehen ein paar protzige Hotels und Cafés, die genauso gut zur Landschaft passen wie Bär zum Ballett. Der erste Eindruck vom Baikalsee: tiefblau, groß, aber irgendwie nichts Außergewöhnliches. Viel mehr beschäftigt mich die alte rostige Fähre, die uns auf die andere Seite des Sees bringen soll. Ich frage mich, wie stark der alte Trog den tiefsten See der Erde verschmutzt. Auch das Schild „Fahrer, lass die Passagiere aussteigen“ macht mich etwas nervös.





Etwa 20 Minuten später legt das Schiff am Hafen Baikal an.

Montag, 16. Dezember 2013

Unterwegs in Russland (3): Von Petersburg nach Moskau

Wir fahren von St. Petersburg nach Moskau mit dem Schnellzug Sapsan - dem Stolz der Russischen Eisenbahn, gebaut von Siemens. Die Fahrt dauert dreieinhalb Stunden. Das Ticket kostet zwischen 60 und 100 Euro. Während ich malerische Birkenlandschaften und idyllische Bauernhütten aus dem Fenster betrachte, begreife ich, dass dies ein Sinnbild für das heutige Russland ist.

Eine Gruppe von Menschen fährt im hochmodernen Zug. Jazz in den Ohren. Teuer Filterkaffee im Pappbecher. Wi-Fi auf dem Smartphone. Es ist angenehm warm. 
Draußen ist es dagegen kalt. Die Menschen, die in den Bruchhütten wohnen, haben keine Heizung und kein fließend Wasser. Sie haben im Monat etwa so viel Geld zur Verfügung, wie der Sapsan-Fahrgast für eine Reise nach Petersburg oder Moskau ausgibt. 
 
Der glänzende Zug aus einer anderen Welt huscht an ihnen jeden Tag vorbei – so nah, so fern.

Daran, dass diese beiden Welten in der gleichen Zeit und im gleichen Land existieren, erinnert nur ein zersplittertes Fenster, das jemand aus Neid oder Wut mit Steinen beworfen hat.