Bei
meinem letzten Besuch in Moskau war ich zum ersten Mal in einem
russischen Gefängnis. Das war die Untersuchungshaft Nr. 6 für
Frauen („Pechatniki“). Dort hatte ich einen Interviewtermin mit
Pjotr Wersilow, dem Ehemann von Nadeschda Tolokonnikowa von Pussy
Riot. Er verspätete sich und ich hatte Zeit mich umzuschauen.
Ich
stand in dem so genannten Annahmepunkt, wo Verwandte Pakete für die
Inhaftierten abgeben oder sich für ein Treffen mit denen anmelden.
Die Wände sind gelbgrün gestrichen. An der Wand hängen ein Plakat
mit dem Logo der Partei „Einiges Russland“ und der Briefkasten
„Für die Korruptionsbeschwerden“.
Im
Raum waren viele Frauen. Sie packten die mitgebrachten Sachen in die
Plastiktüten ein – Wurst, Brot, Tampons, Deo und Süßigkeiten.
Sie gaben einander Tipps, welche Lebensmittel die
Sicherheitskontrolle am besten überstehen. Die Lebkuchen werden mit
dem Hammer zerschlagen, die Orangen werden in mehrere kleine Teile
zerschnitten, erzählten sie. So überprüfen die
Gefängnismitarbeiter, ob verbotene Sachen darin versteckt sind.
„Wenn
man die Lebensmittel direkt im Gefängnisshop bestellt, kommen sie
unbeschädigt an“, sagt eine Frau. Deswegen die ganzen Bildschirme
an der Wand! Im Online-Shop kann man alles Mögliche kaufen. Ein
Schokoriegel kostet ab 1 Euro, eine Zigarettenstange je nach Marke
zwischen 6 und 20 Euro, ein Kilo Orangen – 2,5 Euro. Lieferung
inklusive. Man kann sogar eine warme Mahlzeit für den Inhaftierten
bestellen. Ein Stück Fleisch mit Beilage kostet 4 Euro. Ein Shop im
Gefängnis ist ein lukratives Geschäftsmodell: Keine Konkurrenz,
flexible Preisgestaltung, garantierte Nachfrage.
Es
gab noch viele andere Automaten im kleinen Annahmeraum des
Gefängnisses – ein Kaffeeautomat, ein Bankautomat und sogar ein
Automat, wo man sein Handy für 30 Rubel pro Stunde (80 Cent)
aufladen kann.
Wersilow
kam eine Stunde später. Er hat das Treffen mit seiner Ehefrau
versäumt. Unser Interview fand trotzdem statt. Hier kann man das
Ergebnis sehen (auf Russisch: "Петр Верзилов - между революцией и пиаром Pussy Riot").
P.S.
Das Online-Shop der Moskauer Gefängnisse kann man auch online
besuchen: www.sizomag.ru
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