Erdogan und Putin sind wieder Kumpels. Die Beziehungen zwischen Erdogan
und Merkel sind schlechter denn je. Was bedeutet das für ein
All-Inclusive-Hotel auf der türkischen Riviera?
„Heute ist
ein schöner Tag. La la la la la...“ Mit diesem Lied beginnt
jeder Morgen in unserem Hotel im türkischen Städtchen Okurcular. Das Animationsteam
stellt sich an den Rand des großen Pools mit türkisfarbenem Wasser. Die
sonnengebräunten Jungs in weißen T-Shirts strecken ihre Arme, machen die Fäuste
und singen dabei: „Und ich flieg, flieg, flieg, wie ein
Flieger, bin so
stark, stark, stark wie ein Tiger...“ Die Gäste machen nach, aber singen nicht
mit. Sie sprechen kein Deutsch, sondern Russisch.
Die Tafel im Wellness-Center sind auf Deutsch. Das
einstündige Wohlfühl-Programm mit Hamam und Massage kostet 50 Euro. Der Manager
im weißen Kittel erzählt, dass während im letzten Jahr circa 90 Prozente der
Gäste im Hotel die Deutschen und nur 10 Prozent die Russen waren, ist es in
diesem Jahr genau umgekehrt. Schuld daran seien seiner Meinung nach Frau Merkel,
die sich mit Erdogan gestritten hat, und die Journalisten, die schlecht über
die Türkei schreiben.
Der Türke vom Bodensee spricht akzentfreies Deutsch – und inzwischen ein paar Worte Russisch: „Pjat minut test massasch besplatno.“ Er bietet zwei Damen, die gerade ins Wellness-Center reingekommen sind, eine kostenlose fünf minütige Massage zur Probe an. „Wir kommen später“, sagen die Frauen auf Russisch und verschwinden. Das Geschäft läuft scheinbar nicht so gut. Die russischen Gäste wollen nicht so viel Geld ausgeben, auch wenn Präsident Putin behauptet, die Wirtschaftskrise sei vorbei. Hauptsache, er hat das Verbot aufgehoben, einen Urlaub in der Türkei zu machen. Nachdem Erdogan sich zähneknirschend für den Abschuss des russischen Bombers im November 2015 bei ihm entschuldigt hatte.
Single-mit-Kind-Index
Der Türke vom Bodensee spricht akzentfreies Deutsch – und inzwischen ein paar Worte Russisch: „Pjat minut test massasch besplatno.“ Er bietet zwei Damen, die gerade ins Wellness-Center reingekommen sind, eine kostenlose fünf minütige Massage zur Probe an. „Wir kommen später“, sagen die Frauen auf Russisch und verschwinden. Das Geschäft läuft scheinbar nicht so gut. Die russischen Gäste wollen nicht so viel Geld ausgeben, auch wenn Präsident Putin behauptet, die Wirtschaftskrise sei vorbei. Hauptsache, er hat das Verbot aufgehoben, einen Urlaub in der Türkei zu machen. Nachdem Erdogan sich zähneknirschend für den Abschuss des russischen Bombers im November 2015 bei ihm entschuldigt hatte.
Single-mit-Kind-Index
Über die Kaufkraft der Russen klagt auch der
Kiosk-Besitzer im Hotel: „Sie kaufen im Unterschied zu den Deutschen sehr
wenig.“ In Anlehnung an den weltberühmten Big-Mac-Index könnte man in unserem
Hotel den Single-mit-Kind-Index einführen. Während ein Elternteil mit einem Kleinkind aus
Deutschland für eine Woche Pauschalurlaub 700 Euro zahlt, bekommen Singles mit
Kind aus Russland oder Belarus für die gleiche Summe 10 Tage
All-Inclusive-Urlaub. Eine ukrainische Mutter mit Kind zahlt für eine Woche nur
450 (US-Dollar wohlbemerkt!).
Im Miniclub wurden zu Beginn dieser Saison neben einer
deutschsprachigen Babysitterin auch eine russische Kollegin eingestellt. Die
deutschen Mütter schielen auf die russischen Mütter, deren Kinder oft Zeichentrickfilme gucken. (Auf einem Tablet! Ohne Kopfhörer!! Beim Abendessen!!!) Die Russinnen
lästern ihrerseits über die Deutschen, die im Beisein ihrer Kinder rauchen.
(Sie kennen einfach den Preisunterschied für Zigaretten in Deutschland und der
Türkei nicht).
Im Internet loben die Russen das Hotel für „die deutsche
Ordnung und Organisation“. Unten den deutschen Bewertungen lese ich: „Das einzige Manko ist, dass
die russischen Gäste sich echt oft laut und daneben benommen haben.“
Partystimmung auf Russisch
Partystimmung auf Russisch
Vor der Abendshow bietet der Moderator zuerst die
Deutschen zu klatschen, danach die Türken und die Russen. Ein Teil der Zuschauer
hat bei keinem mitgeklatscht. Das sind Polen, Weißrussen und Ukrainer, die der
türkische Moderator wohl in die Gruppe „Russen“ mit eingegliedert hat. Sie
beschweren sich nicht. Auch Wortschlachten am Strand zwischen Russen und
Ukrainern sind Geschichte. Nach drei Jahren Krieg sind die Ukrainer wohl zu müde.
Und die Begeisterung der Russen über die „Wiedereingliederung“ der Krim hält
sich inzwischen in Grenzen. Nur das ein oder andere Sankt-Georg-Bändchen, das
am Koffer oder Kinderwagen angebunden ist, verrät die Einstellung seines
Besitzers.
Nach der Abendshow geht die Party an der Pool-Bar weiter.
Viele russische Gästen können der türkischen Gastfreundschaft nicht wiederstehen. Wie auch,
wenn Alkohol bis zur späten Stunde kostenlos und reichlich vorhanden ist.
Wenn in der Bar ein Schlager von Juri Schatunow aus den späten 80ern läuft. Der
Tag in unserem Hotel beginnt auf Deutsch – und endet auf Russisch.