„Und wie lebt es sich in der letzten Diktatur Europas?“ Diese Frage habe ich zum ersten Mal vor fünf Jahren gestellt bekommen, als ich ein Praktikum bei einem privaten Nachrichtensender in Berlin machte. Eine Kollegin fragte mich danach beim Mittagessen. „Äh… normal“, murmelte ich. „Die Menschen leben ihr Leben. So wie auch hier. Meine Cousine hat vor ein paar Tagen ein Kind bekommen, sie ist glücklich.“
Die Kollegin schaute mich komisch an. Meine Antwort passte anscheinend nicht in ihr Weltbild, das von den Nachrichten geprägt war, in denen „Weißrussland“ nicht anders als „die letzte Diktatur Europas“ anmoderiert wird. Aber was sollte ich denn sonst antworten? Dass alles in Belarus grau ist, dass es dort keine Coca-Cola & McDonalds gibt und die deprimierten Menschen sich in den Plattenbauten vom allgegenwärtigen Schnurrbart verstecken? Das stimmt nicht.
Zugegeben, ich habe mich vor fünf-sechs Jahren noch nicht so viel mit der politischen Situation in meinem Heimatland beschäftigt. Der Begriff „die letzte Diktatur Europas“ hat mich damals ziemlich genervt. Mittlerweile stimme ich zu, dass es eine Diktatur ist. Ob sie „die letzte in Europa“ ist, sei dahin gestellt. Zu beschreiben, wie es sich in dieser Diktatur lebt, fällt mir allerdings immer noch schwer. Aber ich habe es versucht – im Radiofeature
„Meine nahe, ferne Heimat“ im MDR Figaro.
Ein paar Worte noch zu den unbeliebten, unbequemen, unangenehmen Fragen: Bitte stellt sie an mich! Das ist doch mein Job, nach den Antworten zu suchen.
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Es gibt Coca-Cola in Minsk :) |
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... und Liebe und Glück gibt es dort auch. |
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