Sonntag, 1. September 2013

Suflaki, Hibiskus und Tango: Mein perfekter Samstag in Köln

Gestern war ich bei der Sommerfeier in der Alten Feuerwache in Köln. Dort wurde Deutschlands größte Tugend zelebriert: Die Liebe, sich in einem Verein zu organisieren. Die Alte Feuerwache ist eine Bürgerinitiative, die weder einer politischen Macht noch einem kapitalistischen Geldbeutel unterworfen ist. Gesellschaftliches Engagement (dieses komische Wortgebilde, für das ich immer noch kein russisches Äquivalent gefunden habe) konnte man dort live erleben.

Als Erstes bin ich in die linke Ecke des Hofs gegangen, denn von dort roch es ganz lecker nach gegrilltem Fleisch. Der Suflaki-Spieß mit Couscous kostete etwa 5 Euro, was gar nicht so billig war. Aber immerhin war das Essen lecker und ein kleiner Griechisch-Sprachkurs gratis inklusive. Deswegen kaufte ich bei den griechischen Frauen noch ein Stück Nusskuchen und einen Pappbecher Filterkaffee dazu und bedankte mich: "Efcharisto".
Ein Stück Kuchen für 1,70 Euro und eine griechische Vokabel gratis dazu

Ein Getränk besorgte ich mir beim Stand des Vereins für die deutsch-ivorische Freundschaft. Ich entschied mich für den leckeren Hibiskussaft. Zum Probieren gab es auch den Ingwersaft, der schmeckte aber für mich viel zu intensiv und roch nach "Kölnisch Wasser". Der Verkäufer war aber gar nicht beleidigt. "Der Ingwersaft ist was für die Männer!" sagte er mit Nachsicht.


So schmeckt ein Getränk am besten: Wenn man weiß, dass das dafür bezahlte Geld einem guten Zweck dienen soll. Der Verein unterstützt eine Kinderklinik in der Elfenbeinküste.
Von der großen Halle ertönte Musik: Dort wartete bereits die geistige Nahrung auf mich. Der Chor mit dem vielsagenden Namen "Der Chor, der donnerstags probt" hatte seinen Auftritt. Hier lernte ich eine neue, ganz nette Interpretation der weltbekannten Hits wie zum Beispiel "Born This Way" von Lady Gaga kennen.

Draußen im Hof entdeckte ich eine Fotoausstellung über die Proteste weltweit. Ich schaute mir die Bilder von den Demos in Russland, Spanien, den USA und Deutschland an und ertappte mich bei dem Gedanken: Wenn die Fotos keine Unterschrift und die Plakate darauf keine Parolen hätten, könnte man meinen, sie stammen aus einem Ort. Vielleicht war das auch die Intention der Ausstellungsmacher: zu zeigen, dass die Proteste überall in der Welt sich nicht unterscheiden und die Demonstranten weltweit sich vereinen sollten. Passend dazu las ich in der Zeitung einer linken Initiative, die hier kostenlos verteilt wurde, über die Forderungen nach der UmFairTeilung und nach dem FairKehr.

Der Chor, der donnerstags probt, sucht übrigens Männerstimmen. Geprobt wird wann?.. genau, donnerstags.
Danach ver(w)irrte ich mich in eine Kinovorstellung, wo ein Film über die Alte Feuerwache gezeigt wurde. Leider war ich zu spät, so dass ich nur den Abspann mitbekam. Für die zehn anwesenden Zuschauer schien aber das Wichtigste gerade erst begonnen zu haben: Die Diskussion danach. Die Dame, die an der Tür stand, kündigte an: "Wir sollen alles ausdiskutieren." In diesem Moment dachte ich mir: Ich bin ein Ausländer, holt mich hier raus. Denn die deutschen Diskussionen sind dafür bekannt, dass sie so lange dauern, bis jeder, also wirklich jeder, alles gesagt hat, was er zu sagen hat. Es ist quasi ein Spiel, bei dem derjenige gewinnt, der das letzte Wort sagt. Natürlich wollen alle gewinnen. Nach zehn Minuten schlug jemand vor, das Licht einzuschalten, damit die Diskutierenden sich besser sehen können. Die Dame an der Tür machte sich auf den Weg zum Schalter. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich vom Staub zu machen.


Zum Glück war der Abend noch rechtzeitig gerettet: Im Großen Forum der Feuerwache gab es eine Schnupperstunde des argentinischen Tango-Clubs. Wie praktisch, dass ich Schuhe mit hohen Absätzen und meinen Partner dabei hatte. "Wir sollen uns auf die Musik einlassen, si", sagte der Tanzlehrer. "Das ist ein ganz sinnlicher Tanz, si." Ich zog meinen Bauch ein, machte die stolze Brust und nickte: "Si, si." Im Kopf erstellte ich dabei das Rezept eines perfekten Samstags in meiner neuen deutschen Heimat: Griechisch essen, afrikanische Getränke trinken, englische Lieder hören, argentinischen Tango tanzen und sich bloß nicht in eine deutsche Diskussionsrunde verirren.

P. S. Abgerundet wurde der Abend mit einer Runde mit der Seilbahn, die über den Rhein fährt und von der man Köln sehr schön "Gute Nacht" wünschen kann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen