„Es soll sehr schlimm sein mit dem Ansturm von Migranten in
Deutschland“, sagt mein Vater vor einer Woche besorgt per Skype. Eigentlich
wollte ich lieber über unsere Verwandten, seine Ernte und meine Heimatreise reden.
Stattdessen sage ich: „Woher sollst du es wissen?“ Er habe das in den russischen
TV-Nachrichten gesehen. Ich
erkläre geduldig: Erstens sind das keine Migranten, sondern Flüchtlinge. Sie fliehen
vom Krieg.
Zweitens bin ich begeistert vom Engagement der Deutschen, die sich für sie einsetzen. Eine Freundin macht beim Mutter-Kind-Treffen im benachbarten Flüchtlingsheim mit. Ein Bekannter aus Dortmund fragte an einem Samstagabend auf Facebook, ob jemand zum Hauptbahnhof kommen kann. Am nächsten Morgen höre ich im Radio, wie freundlich die Flüchtlinge dort empfangen wurden. Beim Sommerfest des CVJM um die Ecke betet man „für die Menschen auf der Flucht, die es zu uns geschafft haben“. Mein Vater ist sehr erstaunt.
Zweitens bin ich begeistert vom Engagement der Deutschen, die sich für sie einsetzen. Eine Freundin macht beim Mutter-Kind-Treffen im benachbarten Flüchtlingsheim mit. Ein Bekannter aus Dortmund fragte an einem Samstagabend auf Facebook, ob jemand zum Hauptbahnhof kommen kann. Am nächsten Morgen höre ich im Radio, wie freundlich die Flüchtlinge dort empfangen wurden. Beim Sommerfest des CVJM um die Ecke betet man „für die Menschen auf der Flucht, die es zu uns geschafft haben“. Mein Vater ist sehr erstaunt.
In den russischen Medien wird das nämlich ganz anders
dargestellt. Europa wird „von einer trüben, wütenden und hungrigen Welle von
Migranten überrollt“, schreibt Schriftsteller Ewgenij Grischkowez. Diese
Menschen würden nie europäische Gesetze befolgen, sie hätten keine Ahnung von
den europäischen Werten. Er stellt fest: Europa geht unter. Die Kolumne steht
in der Zeitung „Rossijskaja Gazeta“, dem Druckorgan der russischen Regierung. Sie
gibt den Kurs vor.
Zwei Wochen, nachdem viele Tausende Flüchtlinge auf einmal nach Deutschland gekommen sind, kippt die Stimmung. Die Grenzen werden kontrolliert. Immer mehr Deutsche stecken sich wohl mit der
Angst vor Flüchtlingen an. „Ich sehe es kritisch,
dass so viele zu uns kommen“, sagt der Taxifahrer in Baden-Baden. Sie würden den deutschen Steuerzahlern zur Last fallen. Ich erzähle ihm von einem jungen geflüchteten Mann, den ich vor zwei Jahren beim Weihnachtsessen bei einer befreundeten Familie in Bonn kennengelernt habe. Er macht inzwischen eine Ausbildung zum Zahntechniker - und wird bald selbst Steuer zahlen. Der Taxifahrer bleibt stur. "Islam, Arbeitslosigkeit, andere Werte", wiederholt er aufgeregt. Und ich dachte, die europäischen Werte wären Toleranz und Offenheit. Bin ich naiv?
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